Helene Thimig

österreichische Schauspielerin, Regisseurin und Theaterdirektorin

Helene Ottilie Thimig-Reinhardt geborene Thimig, Pseudonym Helene Werner, verheiratete Thimig-Reinhardt, geschiedene Kalbeck (* 5. Juni 1889 in Wien; † 7. November 1974 ebenda), war eine österreichische Schauspielerin, Regisseurin und Theaterdirektorin.

Helene Thimig (Jahr unbekannt)
Thimig als Elisabeth in Schillers Maria Stuart (1934)
Büste von Helene Thimig in Strobl, wo sie sich zwischen 1947 und 1970 regelmäßig aufhielt

Helene Thimig war die Tochter des späteren Burgtheater-Direktors Hugo Thimig und seiner Ehefrau Franziska, geborene Hummel (1867–1944). Auch ihre beiden Brüder Hermann und Hans Thimig wurden Schauspieler. Nach der Volksschule und dem Lyzeum Luithlen nahm sie Schauspielunterricht bei Hedwig Bleibtreu. Am 12. November 1907 hatte sie im Stadttheater Baden ihren ersten Auftritt als Marthe in Edouard Paillerons Die Maus.

Im Jahr 1908 war sie die Melissa in Franz Grillparzers Sappho bei den Goethefestspielen in Düsseldorf, danach agierte sie am Hoftheater in Meiningen, von 1911 bis 1917 am Königlichen Schauspielhaus in Berlin. Nach ihrer ersten Saison in Meiningen mietete sie sich 1911 mit 22 Jahren in der Nähe der elterlichen Wohnung, in der sie lebte, in Döbling ein »Denkzimmer«, weil das Zusammenleben in der Familie sie vom Nachdenken aufhalte: »Ich brauche eine eigene Wohnung – ein Zimmer irgendwo anders.«[1]

„Das größte Erlebnis dieser Zeit im ‚Denkzimmer‘ war die Stunde, als ich mit weit ausgestreckten Armen auf dem Boden lag und den Mittelpunkt der Erde spürte. Damals fühlte ich: Jetzt kann mir nichts mehr geschehen … Das war wohl der erste wirkliche Schritt ins Leben.“

Helene Thimig: Wie Max Reinhardt lebte[2]

1917 erhielt sie ein Engagement am Berliner Deutschen Theater, an dem sie am 10. Oktober als Elsalil in Gerhart Hauptmanns Winterballade debütierte. Von Beginn an entwickelte sich hier eine enge Zusammenarbeit und Liebesbeziehung mit dem Leiter des Theaters Max Reinhardt, der mit der Schauspielerin Else Heims (1878–1958) verheiratet war und mit dieser zwei Söhne hatte. Thimig war von 1916 bis 1918 mit dem Regisseur Paul Kalbeck verheiratet, von dem sie sich (wie sie es nannte) „aus Seelenreinheit“ scheiden ließ.

Als Reinhardt nach dem Machtantritt der Nazis 1933 verfemt wurde, fand auch Thimigs erfolgreiche Berliner Bühnenkarriere ein Ende. Sie folgte Reinhardt nach Wien und trat in dem von ihm geleiteten Theater in der Josefstadt auf. Weitere Auftritte folgten in Prag und bei den Salzburger Festspielen. Thimig folgte Reinhardt zu verschiedenen Inszenierungen in mehrere Länder Europas und heiratete ihn nach seiner Scheidung im Mai 1935[3] während eines Gastspiels in den USA. Ende Oktober 1937 folgte sie Reinhardt endgültig in sein amerikanisches Exil. Da sie die englische Sprache nur langsam erlernte, erhielt sie längere Zeit nur sehr kleine Rollen in amerikanischen Theater- und Filmproduktionen. Zwischen 1942 und 1947 wirkte sie in 18 Hollywoodfilmen mit, in denen sie meist deutsche Frauen darstellte. Max Reinhardt starb am 31. Oktober 1943. Über ihre jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Max Reinhardt berichtet sie in ihren Lebenserinnerungen und hebt dabei hervor, für ihn habe der Kern der Theaterkunst daraus bestanden, immer »eine Handbreit über dem Boden« zu arbeiten, also trotz aller Fantasie, die in der künstlerischen Arbeit erforderlich sei, die Verbindung zur Wirklichkeit nicht zu verlieren.[4]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übersiedelte Thimig-Reinhardt wieder zurück nach Österreich und wurde Mitglied des Burgtheaters, in dem ihr 1950 der Ehrentitel einer Kammerschauspielerin verliehen wurde. 1948 ging sie mit dem österreichischen Schauspieler Anton Edthofer ihre dritte Ehe ein.

In den Jahren 1947 bis 1951 inszenierte sie bei den Salzburger Festspielen Hugo von Hofmannsthals Jedermann in der Tradition ihres verstorbenen Mannes und leitete von 1948 bis 1954 das Wiener Max-Reinhardt-Seminar. Zudem übernahm sie eine Lehrtätigkeit als Professorin an der Akademie für Musik und darstellende Kunst.

Im deutschsprachigen Film dagegen erhielt sie nur wenige Aufgaben. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Ensemble des Burgtheaters nahm sie 1954 noch einmal ein festes Engagement am Theater in der Josefstadt an. Von 1963 bis 1968 inszenierte sie erneut den Jedermann bei den Festspielen in Salzburg. Ende März 1974 stand sie in der Josefstadt das letzte Mal auf der Bühne.

1973 veröffentlichte sie eine Biographie Max Reinhardts, in der sie ihr gemeinsames Leben sowie die Karriere Reinhardts und von sich selbst aufarbeitet.[5] Das Buch enthält umfangreiche Auszüge aus den über Jahrzehnte mit Reinhardt gewechselten Briefen.

 
Erster Beisetzungs­ort 1974 in der Urnen­wand der Feuerhalle Simmering in Wien
 
Grab auf dem Neustifter Friedhof seit 2015

Im November 1974 starb Helene Thimig-Reinhardt an einer Lungenembolie. Sie wurde in der Feuerhalle Simmering eingeäschert und in einer ehrenhalber gewidmeten Urnennische beigesetzt (Linke Arkaden, Grab 152).[6] Am 17. Juni 2015 wurde die Urne in eine ehrenhalber gewidmete Grabstelle auf den Neustifter Friedhof (Gruppe N, Reihe 10, Grab 69) verlegt.[7]

Im Jahr 2016 wurde in Wien-Liesing (23. Bezirk) der Helene-Thimig-Weg nach ihr benannt.

Preise und Auszeichnungen

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Gedenken

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Stolperstein in Salzburg

Am 17. August 2020 wurde durch den Künstler Gunter Demnig vor dem Haus für Mozart in Salzburg ein Stolperstein für Helene Thimig verlegt.

Filmografie

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Schriften

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  • Briefe im Exil. Max Reinhardt – Helene Thimig 1937–1943. Hg. Edda Fuhrich und Sibylle Zehle unter Mitarbeit von Ulrich Hermanns und Eva Maria Schachenhofer. Salzburg, Wien: Residenz Verlag, 2023, ISBN 978-3-7017-3572-3
  • Helene Reinhardt-Thimig: Wie Max Reinhardt lebte. Percha am Starnberger See: Verlag R. S. Schulz, 1973, ISBN 3-7962-0001-X

Literatur

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Commons: Helene Thimig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Helene Reinhardt-Thimig: Wie Max Reinhardt lebte. Percha am Starnberger See: Verlag R. S. Schulz, 1973, ISBN 3-7962-0001-X, S. 50
  2. Helene Thimig: Wie Max Reinhardt lebte. R.S. Schulz, Percha 1973, ISBN 3-7962-0001-X, S. 51.
  3. Kleine Chronik. (…) Trauung Max Reinhardts und Helene Thimigs.. In: Neue Freie Presse, Abendblatt (Nr. 25381 A/1935), 10. Mai 1935, S. 2, unten rechts. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  4. Helene Reinhardt-Thimig: Wie Max Reinhardt lebte. Percha am Starnberger See: Verlag R. S. Schulz, 1973, ISBN 3-7962-0001-X, S. 18,19
  5. Helene Thimig: Wie Max Reinhardt lebte [: ... eine Handbreit über dem Boden]. 2. Auflage. R. S. Schulz, Percha am Starnberger See 1973, ISBN 3-7962-0001-X.
  6. friedhoefewien.at: Ehrenhalber gewidmete bzw. ehrenhalber in Obhut genommene Grabstellen im Friedhof Feuerhalle Simmering (PDF)
  7. knerger.de: Das Grab von Helene Thimig
  8. Auszeichnungen. In: Salzburger Chronik, 17. August 1936, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/sch
  9. Wiener Rathauskorrespondenz, 22. Dezember 1953, Blatt 2102.
  10. Wiener Rathauskorrespondenz, 16. Jänner 1954, Blatt 67.