Likelihood-Quotienten-Test

statischer Test

Der Likelihood-Quotienten-Test (kurz LQT), auch Plausibilitätsquotiententest (englisch likelihood-ratio test), ist ein statistischer Test, der zu den typischen Hypothesentests in parametrischen Modellen gehört. Viele klassische Tests wie der F-Test für den Varianzenquotienten oder der Zwei-Stichproben-t-Test lassen sich als Beispiele für Likelihood-Quotienten-Tests interpretieren. Einfachstes Beispiel eines Likelihood-Quotienten-Tests ist der Neyman-Pearson-Test.

Definition

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Formal betrachtet man das typische parametrische Testproblem: Gegeben ist eine Grundmenge von Wahrscheinlichkeitsverteilungen  , abhängig von einem unbekannten Parameter  , der aus einer bekannten Grundmenge   stammt. Als Nullhypothese   soll getestet werden, ob der Parameter zu einer echten Teilmenge   gehört. Also:

 .

Die Alternative   lautet entsprechend:

 ,

wobei   das Komplement zu   in   bezeichnet.

Die beobachteten Daten sind Realisierungen von Zufallsvariablen  , die jeweils die (unbekannte) Verteilung   besitzen und stochastisch unabhängig sind.

Der Begriff des Likelihood-Quotienten-Tests suggeriert bereits, dass die Entscheidung des Tests auf der Bildung eines Likelihood-Quotienten bzw. Plausibilitätsquotienten (Quotient zweier Likelihood-Funktionen bzw. Plausibilitätsfunktionen) beruht. Man geht dabei so vor, dass man ausgehend von den Daten   und den zu den einzelnen Parametern gehörenden Dichtefunktionen   den folgenden Ausdruck berechnet:

 .

Heuristisch gesprochen: Man bestimmt anhand der Daten zunächst den Parameter aus der gegebenen Grundmenge, der die größte Wahrscheinlichkeit dafür liefert, dass die gefundenen Daten gemäß der Verteilung   realisiert worden sind. Der Wert der Dichtefunktion bezüglich dieses Parameters wird dann als repräsentativ für die gesamte Menge gesetzt. Im Zähler betrachtet man als Grundmenge den Raum der Nullhypothese, also  ; für den Nenner betrachtet man die gesamte Grundmenge  .

Es lässt sich intuitiv schließen: Je größer der Quotient ist, desto schwächer ist die Evidenz gegen  . Ein Wert von   in der Nähe von Eins bedeutet, dass anhand der Daten kein großer Unterschied zwischen den beiden Parametermengen   und   zu erkennen ist. Die Nullhypothese sollte in solchen Fällen also nicht verworfen werden.

Demnach wird bei einem Likelihood-Quotienten-Test die Hypothese   zum Niveau   abgelehnt, falls

 

gilt. Hierbei ist der kritische Wert   so zu wählen, dass   gilt.

Die konkrete Bestimmung dieses kritischen Werts ist in der Regel problematisch.

Beispiel 1

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Für unabhängige Zufallsvariablen  , die jeweils eine Normalverteilung mit bekannter Varianz   und unbekanntem Erwartungswert   besitzen, ergibt sich für das Testproblem   gegen   mit   der folgende Likelihood-Quotient:

 

mit der von den konkreten Daten unabhängigen Konstanten  . Man erhält dann, dass   äquivalent zur Ungleichung

 

ist. Dies liefert als Resultat den bekannten Gauß-Test; man wählt  , wobei   das  -Quantil einer Standardnormalverteilung bezeichnet.

Approximation der Likelihood-Quotienten-Funktion durch eine Chi-Quadrat-Verteilung

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Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich die im Allgemeinen schwierig zu betrachtende Teststatistik   durch Chi-Quadrat-verteilte Zufallsvariablen annähern, so dass sich vergleichsweise leicht asymptotische Tests herleiten lassen. In der Regel ist das möglich, wenn die Nullhypothese sich durch eine lineare Parameter-Transformation als ein Spezialfall der Alternativ-Hypothese darstellen lässt, wie im unten genannten Beispiel des Münzwurfes. Präzise formuliert ist neben eher technischen Annahmen an die Verteilungsfamilie   die folgende Annahme einer „Parametrisierbarkeit der Nullhypothese“ fundamental:

Es seien der Parameterraum der Alternative   und der Nullhypothese   gegeben, beide Mengen seien offen und es gelte:  . Zudem existiere eine zweimal stetig differenzierbare Abbildung   mit  , deren Jacobi-Matrix   für jedes   vollen Rang besitzt.

Dann gilt:

 ,

wobei die Zufallsvariablen in Verteilung konvergieren.

Die Beweisidee beruht auf einer Aussage über die Existenz von Maximum-Likelihood-Schätzern in allgemeinen parametrischen Familien und ihrer Konvergenz gegen eine normalverteilte Zufallsvariable, deren Varianz das Inverse der Fisher-Information ist.

Beispiel 2: Münzwurf

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Ein Beispiel ist der Vergleich, ob zwei Münzen die gleiche Wahrscheinlichkeit haben, Kopf als Ergebnis zu erhalten (Nullhypothese). Wird die erste Münze  -mal geworfen mit   Kopfwürfen und die zweite Münze  -mal geworfen mit   Kopfwürfen, dann ergibt sich die Kontingenztabelle unter Beobachtungen. Unter Gültigkeit der Nullhypothese ( ) und der Alternativhypothese ( ) ergeben sich die Wahrscheinlichkeiten wie unter Alternativhypothese und Nullhypothese.

Beobachtungen Alternativhypothese (H1) Nullhypothese (H0)
Münze 1 Münze 2 Münze 1 Münze 2 Münze 1 Münze 2
Kopf            
Zahl            

Unter Gültigkeit der Nullhypothese ergibt sich die Likelihood-Funktion als

 

und es folgt mit Hilfe der Log-Likelihood-Funktion die Schätzung  .

Unter Gültigkeit der Alternativhypothese ergibt sich die Likelihood-Funktion als

 

und es folgt mit Hilfe der Log-Likelihood-Funktion die Schätzungen   bzw.  .

Damit ergibt sich   als

 

und als Prüfwert

 ,

der mit einem vorgegebenen kritischen Wert aus der  -Verteilung verglichen wird. Da wir in der Alternativhypothese zwei Parameter ( ,  ) und in der Nullhypothese einen Parameter ( ) haben, ergibt sich die Anzahl der Freiheitsgrade als  .

Literatur

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P. J. Bickel, K. Doksum: Mathematical statistics. Holden-Day.