Kanzler von Frankreich

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Kanzler von Frankreich (Chancelier de France) war eine wichtige Persönlichkeit im Ancien Régime; in der von König Heinrich III. 1582 festgelegten Reihenfolge nahm er in der Liste der Großämter der Krone Frankreichs den zweiten Rang hinter dem Connétable von Frankreich ein, nach der Auflösung dieses Amtes 1626 folglich den ersten Rang.

Aufgabenbereich

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kanzler verwahrte das Siegel des Königs und übte die Aufsicht über die königlichen Ämter aus. Er hatte vor allem die Oberaufsicht über die Justiz im Königreich, war also eine Art Justizminister. Seit Mitte des 16. Jh. wurde das Amt im Prinzip auf Lebenszeit vergeben.

Seine wichtigste Aufgabe war die des Vorsitzenden des königlichen Rates (conseil du roi). Er saß insbesondere dem Geheimen Rat des Königs (Conseil privé) vor, den der König so gut wie nie aufsuchte und in dem der Kanzler in seinem Namen handelte – man nannte ihn gemeinhin den Mund des Königs. Obwohl er im Prinzip Sitz in allen Räten hatte, nahm er ab 1661 (dem Beginn der Alleinherrschaft von Ludwig XIV.) nicht mehr am obersten Rat (Conseil d’En-haut) teil.

Später wurde er – unter dem Einfluss Colberts – auch von allen finanziellen Angelegenheiten des Staates ausgeschlossen.

Da der Kanzler sein Amt auf Lebenszeit innehatte, konnte er nicht abgesetzt werden. Der König konnte ihm lediglich ganz oder teilweise die Ausübung seines Amtes entziehen, um es widerruflich einem Stellvertreter, dem Siegelbewahrer von Frankreich (Garde des Sceaux), anzuvertrauen. Dieser galt als potenzieller Anwärter auf das Kanzleramt im Fall des Todes des Amtsinhabers.

Zur Unterstützung waren dem Kanzler unterstellt:

  • für das Siegel die maîtres des requêtes (die für Bittgesuche und Eingaben zuständig waren) und die der Kanzlei angehörenden Beamten;
  • für die Beiräte die Staatsräte (Conseillers d’État), Maîtres des requêtes, Amtsschreiber (secrétaires-greffiers), Anwälte und Amtsdiener;
  • für die gesetzgebende und gerichtliche Arbeit die Staatsräte und maîtres des requêtes

Liste der Kanzler

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erzkanzler im Franken- und Westfrankenreich

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 13. Jahrhundert und bis zum Jahr 1316 wurde die Kanzlei vom Siegelbewahrer geleitet (siehe Siegelbewahrer von Frankreich)

Kapetingische Kanzler

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Pierre d’Arabloy, Erzdiakon von Narbonne, 1316
  • Piere de Chappes, Kämmerer von Laon, 1317–1321
  • Jean de Cherchemont, Dekan von Poitiers, 1320–1321
  • Pierre Rodier, Kanoniker aus Meaux, 1321–1323
  • Jean de Cherchemont, Dekan von Poitiers, 2. Mal, 1323–1328
  • Jean Favier, Dictionnaire de la France médiévale, S. 236–238 (bis 1507)
  • Bernard Barbiche, Le chancelier de France, in: Les institutions de la monarchie française à l'époque moderne (XVIe – XVIIIe siècle), Paris, PUF, Coll. Quadrige / Manuels, 2012 (Neudruck 2016 und 2018), 3. Ausgabe (1. Ausgabe 1999), ISBN 978-2-13-060678-9, 2. Teil Le gouvernement du royaume, Kapitel 8, S. 153–172
Commons: Kanzler von Frankreich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien